Du denkst, es trifft dich nicht. Job und Budget im Griff. Und trotzdem: Plötzlich passiert etwas Unvorhergesehenes und schon ist man drin, in der Schuldenfalle. Ich habe schon viele Frauen getroffen, denen es genau so ging. Plötzlich ist er weg, der Job in der Reisebranche. Oder der kleine Betrieb, der vor allem Events gemacht hat, muss schliessen, weil er sich die Mietkosten einfach nicht mehr leisten kann. Schaut man über die Grenze hinaus, z.B. nach England, da haben mir viele Bewerber für einen unserer Jobs gesagt, dass sie ihre (reduzierten) Rechnungen keinen weiteren Monat mehr bezahlen können.

Der Schulden-Stand in der Schweiz
Gemäss dem BfS lebten 2022 rund 40,1 Prozent der Schweizer Bevölkerung in einem Haushalt mit mindestens einer Art von Schulden, 15,63 Prozent in einem Haushalt mit mindestens zwei verschiedenen Schuldenarten. Zahlungsrückstände sind die häufigste Art von Schulden: 14,1% der Bevölkerung leben in einem Haushalt mit mindestens einem Zahlungsrückstand.
Darauf folgen Fahrzeug-Leasings und Verschuldungen bei der Familie oder Freunden: 14,5% der Bevölkerung leben in einem Haushalt mit mindestens einem geleasten Fahrzeug, 8,1% in einem Haushalt mit mindestens einer Verschuldung bei der Familie oder Freunden und 5,9% mit mindestens einem Klein- oder Konsumkredit.
Die momentan herrschenden Unsicherheit und sich verändernden Situationen können plötzlich den Ausschlag geben, dass auch Menschen, die vorher keine Gefahr hatten, in die Schuldenfalle zu tappen, plötzlich hineingeraten.
Jobverlust
Oft fällt das Einkommen schnell weg, die Kosten aber bleiben, zumindest am Anfang, gleich. Im April 2025 betrug die Arbeitslosenquote laut SECO 2,8% - also rund 130'101 Personen waren betroffen. Prognostiziert wird momentan ein Gleichbleiben.
Scheidung/Trennung
Es entstehen Kosten für Miete, Unterhalt, vor allem bei demjenigen, der auszieht. Allenfalls auch eine Rechtsanwaltschaft. Gleichzeitig laufen alte Verbindlichkeiten weiter und es kann dauern, bis man Unterhaltszahlungen bekommt.
Krankheit/Schicksalsschlag
Wenn es zu Unfall, Krankheit oder Tod kommt, dann gibt es in der Schweiz eine Reihe von Absicherungen für Erwerbsausfall über Erwerbsunfähigkeit bis hin zur Absicherung beim Todesfall.

Kontoüberzug/Kreditkartenüberzug
Dies ist eine der teuersten Schuldenarten - wenn es irgendwie geht, einfach vermeiden oder sofort einen Plan machen, wie man dies zurückzahlt, da der Schuldenberg sonst einfach exponentiell wächst.
Kauf auf Pump / Ratenkredite / Kurzkredite
Es entstehen hohe Zinskosten und Bearbeitungskosten, oft wird z.B. bei einem Autoleasing auch ein höherer Risikoschutz verlangt. Am besten den Totalpreis vorher berechnen, wieviel die Anschaffung wirklich kostet und wie der Kredit sie verteuert.
Kaufrausch / Online-Käufe
Gerade bei Online-Käufen, die direkt auf die Kreditkarte gehen, kann man schnell den Überblick verlieren. Neben Budget und Debitkarten kann es auch helfen, den Kauf aufzuschieben, z.B. im Warenkorb speichern und am nächsten Tag nochmal schauen, ob man es wirklich will und braucht. Auf jeden Fall Kreditkartenabrechnung regelmässig anschauen und prüfen.

Handy
Ungünstige Tarife, kleine Ausgaben, die sich häufen, Abos, die man gar nicht mehr braucht, Datenroaming im In- und Ausland, aber auch Gesprächskosten. Gerade für junge Menschen mit tieferen Einkommen kann das Handy zur Kostenfalle werden. Abo auf die Bedürfnisse abgestimmt wählen, Handy regelmässig von nicht gebrauchten Abos «putzen», im Ausland Roaming automatisch begrenzen.
Mietkosten
In der Schweiz sind Mietkosten sehr teuer und es kann passieren, dass man plötzlich in einer Wohnung wohnt, die man sich, vielleicht wegen einer geänderter Situation, gar nicht mehr leisten kann, und auf dem Mietvertrag sitzen bleibt, bis man einen Nachmieter gefunden hat. Hier hilft es, die Kosten im Verhältnis zum Einkommen zuerst zu berechnen und für das Worst-Case zu planen. Als Daumenregel sollten die Mietkosten inkl. Nebenkosten nicht mehr als ein Drittel des Bruttoeinkommens ausmachen.
Immobilienfinanzierung
Z.B. wenn man Zinsen und Unterhalt überschätzt hat oder Nachzahlungen notwendig sind, die Immobilie nicht rechtzeitig fertig wird oder wenn es in einer Stockwerkeigentümerschaft zu Rechtsschwierigkeiten kommt. Hier hilft genügend Eigenkapital (für die Erstimmobilie wird in der Schweiz mind. 20% verlangt) und eine sehr konservative Berechnung was den Unterhalt und die Zinsen betrifft. Für den möglichen Fall von Rechtsstreitigkeiten eine Rechtsschutzversicherung abschliessen.

Und wie komme ich aus der Falle oder gerate gar nicht erst hinein?
In der Theorie: nicht mehr ausgeben als wirklich reinkommt. Das im Alltag einzuhalten ist aber oft nicht so einfach. Schulden zu vermeiden hilft:
- Budget: Während der letzten Jahre hat sich unser Leben und damit teilweise auch das Konsumverhalten verändert. Weniger Ausgang, dafür vielleicht mehr Online-Käufe. Vielleicht hast du jetzt gleich viel, weniger oder sogar mehr Geld zur Verfügung, da viele Sachen weggefallen sind. Wer noch keines hat, soll ein Budget aufstellen. Für alle anderen ist jetzt der Zeitpunkt günstig, das Budget anzupassen. Für die Budgetplanung eignet sich ein Excel oder verschiedene Vorlagen, z.B. bei der Budgetberatung.
- Notgroschen: Auch für diejenigen, die bis jetzt vielleicht keinen Notgroschen gebraucht haben. 3-6 Monatsgehälter werden empfohlen und sind in unsicheren Zeiten dringend zu empfehlen. Selbst wenn es kleine Beträge sind. Geld zu beschaffen, wenn man es dringend braucht, ist oft schwierig und vor allem teuer.

Das Schneeballprinzip zur Hilfe nehmen
Gemäss Studien ist das Schneeballprinzip eine der schnellsten Methoden, um Schulden zurück zu zahlen. So geht’s: Man gibt den Konten mit kleineren Beträgen die höchste Priorität, statt denen mit den höchsten Zinsraten. Also:
- Alle Schulden auflisten, vom kleinsten zum grössten Betrag
- Minimum der Raten bezahlen, die man bezahlen muss, ausgenommen die kleinste Schuld
- Die kleinste Schuld so schnell wie möglich tilgen
- Wiederholen bis alles bezahlt ist
Warum das funktioniert? Die Motivation steigt und man hat den Betrag der bereits abbezahlten kleinen Schuld zur Tilgung weiterer Schulden zur Verfügung. Forschungen von Harvard haben herausgefunden, dass die Motivation, die durch das erfolgreiche Bezahlen der kleinen Schulden entsteht, so gross ist, dass man verlässlich, wie bei einem Schneeball, viel schneller alle seine Schulden abbezahlt. Hier ein gratis Tool fürs Schneeballprinzip.
Leider ist es oft so, dass nicht nur ein einziges Ereignis dazu führt, sondern viele Sachen zusammen - Job weg, man hatte vorher schon ein kleines Budget und plötzlich ist man im unangenehmen Kreis der Schuldenfalle. Deshalb gilt natürlich immer noch, am besten gar nicht erst hineingeraten.
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Kritischer Mittwoch: Ist Schulden machen immer ein Schimpfwort?
Muss Schulden machen immer was Schlimmes sein? -
Verbindlichkeiten - Kreditkartenschulden & Co.
Sobald du dein aktuelles Gesamtvermögen berechnet und deine Ausgaben von deinen Einnahmen abgezogen hast, ist es Zeit, über deine ...