Nachhaltig Anlegen liegt im Trend. Immer mehr Menschen wollen, dass ihr Geld neben finanzieller Sicherheit auch eine positive Wirkung auf die Umwelt und die Gesellschaft entfaltet: Das Volumen der nachhaltigen Anlagen in der Schweiz ist 2024 auf 1'660 Milliarden Schweizer Franken gestiegen, was rund 90 % der verwalteten Vermögen entspricht (Swiss Sustainable Finance, 2024).
Mit steigendem Interesse steigt auch das Angebot und es gibt eine riesige Flut von Begriffen und Produkten, die für den normalen Menschen die Auswahl nicht einfach machen. Gibst du «nachhaltig anlegen» in Google ein, kommt Werbung und über 6 Millionen Resultate.
Bei diesem Wildwuchs an Angeboten und Begriffen wundert es nicht, dass sich viele Menschen fragen: Wie finde ich heraus, ob das Finanzprodukt nachhaltig ist, und wie kann ich die Wirkung messen? Dazu könnte ich ein ganzes Buch schreiben. Hier sind einige Dinge, die du wissen solltest und es endlich anpacken kannst, deinem Geld positive Wirkung zu verleihen.

Wie werden nachhaltige Finanzprodukte gemacht? Das Problem mit «Greenwashing»
Viele nachhaltige Finanzprodukte werden mit Hilfe sogenannter «ESG»- Bewertungskriterien entwickelt. ESG steht für Environmental (Umwelt), Social (Sozial) und Governance (Unternehmensführung): Kriterien anhand derer Unternehmen bewertet werden. Aufgrund dieser Bewertung werden dann die Unternehmen in die Finanzinstrumente aufgenommen. Das Problem dabei ist, dass es (noch) keine offiziellen Standards oder Prüfungen gibt, welche Kriterien wie angewendet werden. So können ganz verschiedene Produkte und Labels entstehen. Vereinfacht gibt es folgende Methoden:
- Exclusion (Ausschluss): Schädliche Industrien, wie z.B. nukleare Waffen, werden ausgeschlossen.
- Inclusion (Einschluss) / Best In Class: besonders gute Unternehmen oder die besten ihrer Kategorie werden eingeschlossen.
- Impact Investing: Hier konzentriert man sich auf Unternehmen, die neben wirtschaftlichem Erfolg auch eine messbare positive Wirkung auf Umwelt und/oder Gesellschaft haben.
Für Anlegende ist es aber oft nicht sehr transparent, nach welcher Methode das Produkt zusammengestellt wurde, was wirklich drin ist und vor allem, ob und wie die Wirkung gemessen wird.
Einige spezialisierte Anbieter gehen in ihrer Methode bei der Auswahl der Unternehmen einen Schritt weiter und betrachten die gesamte Wertschöpfungskette. Dies kann beispielsweise so aussehen: «Grundsätzlich müssen Firmen, in die wir investieren, einen positiven, messbaren, sozialen und ökologischen Ertrag/Impact in Entwicklungs- und Schwellenländern generieren. Diese werden anhand unserer Themenbereiche festgelegt. Wir fokussieren uns auf erneuerbare Energie und Energieeffizienz, nachhaltige Landwirtschaft und Zugang zu Finanzdienstleistungen. Nehmen wir als Beispiel eine Investition in Mikrofinanzinstitutionen: Hier verfolgen wir das Ziel, durch den Zugang zu Finanzdienstleistungen Armut zu bekämpfen, menschenwürdige Arbeit, Wirtschaftswachstum so wie die Gleichstellung der Geschlechter zu fördern. Bei der Auswahl der Firmen verwenden wir einen ESG-Filter, um sicher zu stellen, dass die Firmen, in die wir investieren, keinen Schaden anrichten. Wir gehen hier aber einen Schritt weiter und stellen sicher, dass unsere Investitionen zusätzlich einen messbaren Beitrag bei der lokalen Bevölkerung erzielen. Unser gesamter Anlageprozess ist auf diese Selektion von Unternehmen ausgerichtet. Entsprechend sind alle Mitarbeitenden auf das Thema Impact sensibilisiert. Zusätzlich haben wir ein ESG– und ein Impact-Team, das auf die Details achtet». - Samuel Baumgartner, Business Development Manager bei responsAbility Investments

Ist mein Finanzprodukt nachhaltig?
Da es sehr viele verschiedene Ansätze gibt, ist der Vergleich und vor allem die Messung der Wirkung aufwändig und schwierig. Romana Doser Head Banken Schweiz bei responsAbility Investments: «Es gibt mehrere Standards, die aber nach wie vor wenig reguliert sind. Das macht es für Investoren schwierig, verschiedene nachhaltige Anlagen miteinander zu vergleichen. Es gibt aber gewisse Grundsätze, nach denen sich Anleger richten können: So dienen die Sustainable Development Goals der UN oft als Grundlage, um die Wirkung der Investments aufzuzeigen. Es liegt dann aber beim Anleger, die effektive Wirkung zu prüfen. Ich empfehle jeder verantwortungsbewussten Anlegerin, ihrem Bankberater konkrete Fragen zu stellen, um genau zu verstehen, wohin das Geld fliesst. Leider sind aktuell noch viele Anlagelösungen nicht sehr transparent bezüglich der Wirkung.»
Um festzustellen, wie nachhaltig ein Finanzprodukt wirklich ist, bleibt dir also nicht viel anderes als das genaue Studium des Produktbeschriebs, Befragung des Beraters und/oder Verwendung von Datenbanken und selbst nachschauen. Hier einige Fragen und Kriterien, die dir bei der Auswahl helfen können:
- Was ist dir wichtig und passt das Thema des Produkts dazu?
- Kannst du einsehen, welche Firmen im Finanzprodukt eingebaut wurden?
- Wird offen dargelegt, nach welchen Kriterien die Firmen ausgesucht und bewertet werden? Werden z.B. nur gewisse Branchen ausgeschlossen, ist es vielleicht nicht das, was du suchst.
- Wie werden die Daten gesammelt und ausgewertet? Wird eine Aussage zur möglichen Wirkung gemacht und diese gemessen?
- Hat der Anbieter Kompetenz und spezialisierte Teams, welche die Bewertung erstellen und auch die Einhaltung von Kriterien überwachen?
- Auch bei nachhaltigen Finanzprodukten spielt selbstverständlich der Preis eine Rolle und es ist leider so, dass viele angebotene Produkte wegen der verschiedenen Kriterien und damit verbundenem zusätzlichem Aufwand teurer sind.

Ratings und Anbieter
Hier ist eine nicht abschliessende Auswahl von Tools, welche dir die Auswahl erleichtern kann:
MSCI ESG Ratings: Methode zur Bewertung von Fonds und Datenbank, wo jede von uns die ESG Bewertung von Einzelunternehmen nachschauen kann. Die MSCI-Ratings findest du auch oft im Produktbeschrieb des Fonds.
Morningstar: bietet eine Reihe von Studien und Bewertungsmethoden an, allerdings sind dann Ratings und Analysetools kostenpflichtig.
Principles for Responsible Investing PRI: Unabhängige Initiative für Finanzinstitute, die sich für mehr Standards und Transparenz bei nachhaltigen Anlagen einsetzt. Finanzanbieter, welche die PRI unterzeichnet haben, sind zu einer Einhaltung von Massnahmen und Reporting verpflichtet. Die teilnehmenden Finanzinstitute findest du hier.
Eurosif: Europäische Vereinigung zur Förderung nachhaltiger und verantwortungsbewusster Investitionen in Europa. Du findest Studien und verschiedene Information.
Und good news: In der Schweiz bieten viele Anbieter nachhaltige Finanzprodukte an. Spezialisiert sind z.B. Yova, Responsability, Globalance Bank.
Lage in der Schweiz
Seit Inkrafttreten der EU-Offenlegungsverordnung müssen Anbieter in der EU offenlegen, wie sie ESG-Merkmale und -Ziele berücksichtigen. Diese Verordnung soll mehr Transparenz in der Taxonomie schaffen und es Anlegern einfacher machen, sich im Dschungel der nachhaltigen Finanzprodukte zurecht zu finden.
In der Schweiz hat der Bundesrat inzwischen konkrete Massnahmen zur Förderung der Transparenz bei nachhaltigen Anlagen eingeführt. Unter anderem wurden die Swiss Climate Scores lanciert, die Finanzinstitute dazu anregen sollen, die Klimaverträglichkeit ihrer Produkte offen zu legen. «Das Ziel ist es, Greenwashing zu verhindern und den Kundinnen und Kunden klare Informationen zu bieten», erklärt Sabine Döbeli, CEO von Swiss Sustainable Finance. Der Dialog zwischen Branche und Bund läuft weiter – bis die neuen Vorgaben jedoch bei allen Anlegerinnen und Anlegern spürbar ankommen, dürfte es noch eine Weile dauern.

Und worauf muss ich bei Pensionskassen und Vorsorgeanbietern achten?
Gemäss der Make My Money Matter Initiative in England können nachhaltig angelegte Vorsorgegelder den eigenen CO2-Fußabdruck um ein Vielfaches mehr verringern, als z.B. auf das Fliegen zu verzichten oder auf eine vegane Ernährung umzustellen. Das Problem ist, dass nicht alle die Pensionskasse und deren Anlagestrategie selber mitbestimmen können. Eine Erhebung des ASIP hat aber gezeigt, dass bereits vor einigen Jahren über ein Drittel der Pensionskassen eine Nachhaltigkeitsstrategie verankert hatten und viele Anbieter ESG-Kriterien berücksichtigen. Der Trend hin zu mehr Nachhaltigkeit hat sich seither weiter verstärkt.
Für alle, die gerne mehr Nachhaltigkeit in ihrer Pensionskasse haben möchten, hier ein Leitfaden des WWF und Rating der grössten 20 Schweizer Pensionskassen.
Einfacher ist es bei der Säule 3a, hier bestimmst du den Anbieter und die Anlage(n) selbst. Viele Banken und Online-Anbieter bieten nachhaltige Lösungen an, allerdings mit den gleichen Herausforderungen, welche die gesamte Branche betreffen.
Wie man sieht, ist es bei näherem Hinschauen nicht ganz einfach. Neben den klassischen Produkten haben auch Anlagen in Gold oder Krypto grosse Herausforderungen und noch viel weniger oder gar keine Standards für die Bewertung und Umsetzung. Mit ein bisschen Zeitaufwand und kritischen Fragen kannst du deinem Geld aber positive Wirkung verleihen und zur Verbesserung der Standards für uns alle beitragen. Und das sollte uns allen eine nachhaltige Zukunft wert sein.
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